Folge 13: Jeder kriegt was er verdient
Das Leben ist kein Film.

Sie sind Silvester zu einem Kostümfest eingeladen. Und da der Gastgeber ein langjähriger Bekannter ist, der für seine witzigen Einfälle bekannt ist, geben Sie sich besondere Mühe. Sie kommen in einem sehr kreativen Clownskostüm und ihr Liebling kommt als Schornsteinfeger oder wenn er oder sie besonders mutig ist, als Schweinchen. Schließlich ist Silvester.

Als sie mit einer halben Stunde Verspätung ankommen, öffnet der Gastgeber die Tür, und sie merken gleich, dass etwas nicht stimmt. Alle anderen tragen dunkle Anzüge und lange Kleider, Sie sind der oder die Einzige mit Kostüm. Der Gastgeber bekommt einen Lachanfall, dass sie ihn ernst genommen haben und Sie bieten für die ersten Stunde jede Menge Gesprächsstoff, wenn sie überhaupt bleiben. Und ihr Liebling hat ja auch noch was zu sagen.

Egal, ob Sie es jetzt sagen oder nur denken. Ein Satz geht jetzt durch ihren Kopf: Das kriegst du zurück oder Das zahle ich Dir heim oder Das wirst du bereuen. Sie sind damit noch nicht fertig.

In Filme lässt die Rache manchmal 90 Minuten, manchmal ein ganzes Leben auf sich warten, wir sehen uns das mit Begeisterung an, um nach der Wiederherstellung des Gleichgewichts befriedigt schlafen zu gehen. Aber was im Film einen spanenden Abend verspricht (schließlich ist eine Welt im Gleichgewicht etwas sehr Schönes) ist im eigenen Leben außerordentlich toxisch.

Wir wissen in diesem Fall, dass uns unser Verhalten unglücklich macht und das schleichende Gift der Rache nicht nur unsere Kreativität lähmt, sondern auch alles Übrige mit einem grauen Schleier überzieht. Wir glauben fest daran, dass alles besser wird, wenn wir uns gerächt haben. Aber ist das so?

Untersuchungen zeigen, dass die meisten Menschen sich noch schlechter fühlen, wenn sie ihre Rache gehabt haben. Nun könnten Sie mir das einfach glauben und auf Ihre Rache zu verzichten und ein besserer Mensch werden. Aber die meisten Menschen machen genau das nicht. Manchmal wollen wir nicht klug und intelligent und vorausschauend sein, sondern es geht mal wieder UMS PRINZIP.

Je älter man wird, desto öfter hat man im Leben erfahren, dass diese Rache nicht hilft. Nicht nur deshalb, weil die andere Seite ja dann auch wieder rächen kann. Nein, es befriedigt nur ganz kurz. Dann folgt die Angst vor der Gegenreaktion und noch viel schlimmer: Die Scham so gehandelt zu haben.

Und so einen Post oder so eine Schimpftirade oder einen zerstochenen Reifen kann man ja nicht so einfach wieder verschwinden lassen. Wenn ich etwas Böses in die Welt setze, bleibt es da. Und bleibt unter Umständen in meinem Kopf.

Ich habe mal einen gewitzten Autofahrer sehr wütend verbal angefahren, der, als ich in die Parklücke zurücksetzen wollten, einfach von vorne reingefahren ist. Eine Unverschämtheit, oder? Man muss sich ja nicht alles gefallen lassen.

Nachdem ich ihm die Meinung gesagt hatte, habe ich lange gebraucht, um mich wieder zur beruhigen. Und da wir beide zum selben Bankomaten wollten und ich nicht neben ihm warten wollte, hat mich dieser kleine Zwischenfall ziemlich viel Zeit gekostet.

Haben Sie schon mal einen Gegenstand geklaut, der sie noch Jahre später anschreit, dass Sie sich falsch verhalten haben. Waren Sie schon mal eine Zeit lang auf der Hut, einem bestimmten Menschen nicht zu begegnen. Haben Sie schon mal ein paar Wochen ängstlich ihren Social Media Account gecheckt, weil Sie Angst vor irgendeinem gemeinen Post hatten?

Daran denken wir nämlich nicht, wenn wir uns rächen. Menschen denken in der Regel kurz- und nicht langfristig. Wenn wir uns das vorher überlegt hätten, hätten wir uns vielleicht anders verhalten.

Mein Tipp ist, nach Möglichkeit nicht sofort zu reagieren. Durchatmen. Überlegen, was die Konsequenzen sein könnten. Und nicht immer das Schlechte denken.

Aber Ihnen, den Menschen mit der schönen Wohnung, den wunderbaren Kindern oder Eltern, mit dem Häuschen im Grünen und einem Schatz, der Morgens den Kaffee bringt und abends die Füße massiert, Ihnen kann das nichts anhaben. Und wenn das alles nicht so ist, dann liegt das Problem vielleicht irgendwie woanders. 

Entscheiden Sie sich gegen Rache, gegen Aufregung, gegen Wut. Wenn Sie sich beruhigt haben, können Sie immer noch über Konsequenzen nachdenken, aber meistens ist alles 24 Stunden später nur noch ein Viertel so schlimm. Eine bessere Welt kommt ganz ohne Rache aus.